Jetzt soll die Regierung sparen

Finanzen: Die Junge SVP Biel verlangt, dass die Löhne der Bieler Gemeinderäte auf 200 000 Franken pro Jahr begrenzt werden. Ein Vorschlag, der in anderen Städten durchaus Wirkung zeigte. Die Bieler Regierung will vorerst keine Stellung nehmen.

Der Bieler Gemeinderat
Der Bieler Gemeinderat

Wie viel darf die Regierung verdienen, wenn die Stadt überall sparen muss? Für die Junge SVP ist klar: 200’000 Franken pro Jahr müssen reichen. «In der jetzigen finanziellen Lage müssen alle sparen, und dazu gehört auch der Gemeinderat», sagt Stadträtin Sandra Schneider (SVP). «Beim eigenen Lohn zu sparen wäre zudem eine schöne Geste und ein Zeichen der Solidarität gegenüber dem städtischen Personal, das auch seinen Beitrag zum Budget leisten muss.» Schneider hat im November eine entsprechende Motion eingereicht. Damit würde die Stadt rund 200’000 Franken einsparen.

Inspiriert worden ist die Junge SVP Biel von ähnlichen Vorstössen in Luzern, Frauenfeld und Winterthur. In diesen Städten hat die SVP mit ihrem populären Vorschlag erfolgreich Druck gemacht auf die Regierungslöhne (siehe Zweittext). Nun hoffen sie, auch in Biel damit etwas zu bewirken. Der Gemeinderat nehme keine Stellung zum Thema, bevor die Antwort zum Vorstoss erarbeitet sei, sagt Stadtpräsident Erich Fehr. Das kann bis zu sechs Monate dauern.

article2Biel an der Spitze des Kantons
Schneider beruft sich in ihrem Vorstoss auf einen Lohnvergleich der «Weltwoche», der zeigt, dass der Bieler Stadtpräsident Erich Fehr im Vergleich mit den anderen Städten des Kantons Bern am meisten verdient (siehe Infobox). «In der jetzigen Finanzlage Biels ist es einfach nicht einsehbar, wieso unser Stadtpräsident am meisten verdient», sagt Schneider. Der Gemeinderat setze den Rotstift derzeit überall an, nur nicht bei sich selber. Schneider würde übrigens auch auf einen Teil ihrer Stadtrats-Spesen verzichten. Die belaufen sich pro Sitzung auf 80 Franken beziehungsweise 120 Franken, wenn die Sitzung länger als drei Stunden dauert.

Wieso Biel mit den Salären an der Spitze der Berner Städte steht, zeigt ein Blick zurück. Das Lohnsystem des Bieler Gemeinderates wurde vor 25 Jahren durch die Geschäftsprüfungskommission des Stadtrates entwickelt. Der Gemeinderat wollte damals die eigenen Löhne nicht selber bestimmen. Zu dieser Zeit reihte sich Biel der Grösse entsprechend hinter der Bundesstadt Bern ein. Doch in Bern hat das Stimmvolk 2004 eine Initiative angenommen, die einen Lohndeckel von 200’000 Franken einführte. Damit rückte Biel auf den ersten Platz vor. Berns Stadtpräsident Alexander Tschäppäts Lohn ist nur deshalb höher als 200’000 Franken, weil er jährlich der Teuerung angepasst wird.

Das Verbot des Doppelmandats
Was Biel zudem von Bern unterscheidet, ist das Verbot von Doppelmandaten. Bieler Regierungsmitglieder dürfen nicht gleichzeitig im Grossen Rat oder im nationalen Parlament sitzen. Das hat das Volk 2010 entschieden. Sprich: Sie können sich dadurch keinen Zustupf verdienen. Alexander Tschäppät etwa sitzt im Nationalrat, die Stadtpräsidenten von Langenthal und Münsingen und die Stadtpräsidentin von Burgdorf sitzen alle im Grossen Rat.

Allerdings müssen sie einen Teil der Einnahmen der Stadtkasse abliefern, da sie die Parlamentsarbeit meist während ihres Vollpensums für die Stadt ausüben. So muss etwa Tschäppät drei Viertel der Pauschale aus dem Nationalrat der Stadt abgeben – der Rest und die Spesen fliessen ins eigene Portemonnaie. Das wäre in Biel anders, auch wenn das Doppelmandat erlaubt wäre. Denn hier gilt eine strengere Regel: Regierungsmitglieder dürfen aus ihren Nebeneinkünften nur 4’400 Franken pro Jahr behalten. Das gilt nicht nur für politische Ämter, sondern auch für Vergütungen zum Beispiel als Verwaltungsrat.

Widerspruch seitens der SVP?
Erich Fehr steht als Stadtpräsident einer Verwaltung mit 2’500 Angestellten vor und schwingt mit seinem Lohn – verglichen mit ähnlich grossen Unternehmen der Privatwirtschaft – nicht obenaus. Wieso will also gerade die Junge SVP einen Lohndeckel bei der Regierung einführen, während sie solche Initiativen für die Privatwirtschaft bekämpft?

Laut Sandra Schneider ist ihr Vorstoss mit der 1:12-Initiative zum Beispiel nicht vergleichbar. «In der Privatwirtschaft werden in schlechten Zeiten die Chefetage ausgewechselt oder Boni gestrichen.» Auch in der Verwaltung müsse gehandelt werden, wenn es finanziell nicht rund laufe. Dass qualifizierte Leute durch den tieferen Lohn ausbleiben, glaubt Schneider nicht. Der Job sei auch mit 200’000 Franken Lohn attraktiv genug. Mit ihrem Vorstoss will die SVP-Frau zudem nicht die Gemeinderäte persönlich angreifen oder ihnen schlechte Leistung attestieren. «Es geht mir einfach um die Verantwortung gegenüber der finanziellen Situation. Und auf einen Teil des Lohns zu verzichten, tut auf diesem Niveau nicht weh.»

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Erfolg in anderen Städten

Die Löhne der Regierung sind nicht nur in Biel ein Thema. Die SVP versucht auch in anderen Schweizer Städten, einen Lohndeckel einzuführen. In Luzern, Frauenfeld und Winterthur hatte die SVP damit, teilweise indirekt, Erfolg.

In Winterthur hatten SVP-Parlamentarier angekündigt, die Saläre der Regierung und Kaderangestellten der Verwaltung anzugreifen. Dem kam die Regierung zuvor, indem sie sich selber die Löhne um zehn Prozent kürzte. Demgegenüber hielt sie fest, dass die Löhne der Kaderangestellten auf keinen Fall gekürzt werden sollen. Der Stadtpräsident von Winterthur verdient ab dem nächsten Jahr noch 245’000 anstatt 270’000 Franken.

Auch in Frauenfeld (TG) lancierte die SVP eine Initiative, um den Lohn des Stadtammanns auf 200’000 Franken zu begrenzen. Am Schluss lag der Ball beim Volk: In der Stichfrage entschied sich die Bevölkerung allerdings für den moderateren Gegenvorschlag. Ab 2015 erhält der Stadtammann, wie der Präsident in Frauenfeld heisst, anfänglich knapp 222’000 Franken. Allerdings steigt das Salär mit der Anzahl der Amtsjahre, sodass der Stadtammann auf ein Maximum von 243’000 Franken kommen kann. Bislang lag der Lohn des Stadtammanns bei 253’000 Franken.

In Luzern hat die SVP ebenfalls die Initiative «200’000 Franken sind genug» eingereicht. Ähnlich wie in Winterthur hat auch in Luzern der Druck gewirkt: Die Regierung hat angesichts des Sparpakets «aus Solidarität» von sich aus auf einen Teil des Lohnes verzichtet. Sie kürzen sich den eigenen Lohn um je 20’000 Franken. So verdient Luzerns Stadtpräsident neu 242’500 Franken, die anderen Regierungsmitglieder 226’000 Franken. Dieser Verzicht gilt aber nur vorübergehend: Er startet zu Beginn des Jahres 2015 und ist auf das Ende der Legislatur im August 2016 begrenzt. jl

Quelle: Jacqueline Lipp, Bieler Tagblatt

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