Zustimmung wider Willen

Der Stadtrat diskutiert heute Abend über die Gemeinderatslöhne. Die Spezialkommission schlägt eine klare Kürzung vor. Fast alle Fraktionen stimmen dem zu – einige vor allem, um die Initiative der JSVP zu schwächen.

Die Initianten: Die beiden Bieler Jung SVP-ler Julien Rochat und Sandra Schneider
Die Initianten: Die beiden Bieler Jung SVP-ler Julien Rochat und Sandra Schneider

Der Bieler Gemeinderat dürfte heute Abend wenig zu feiern haben: Auf der Traktandenliste steht sein Lohn. Und dieser soll deutlich gekürzt werden. Die zuständige Kommission des Stadtrates fordert – wie die Junge SVP in ihrer Initiative – ein Lohndach von 200’000 Franken (siehe Infobox).

Die meisten Fraktionen unterstützen diesen Vorschlag – wenn auch zähneknirschend. «Die Bevölkerung hat nach den teils schmerzlichen Sparmassnahmen vom letzten Jahr kein Verständnis, wenn bei den Gemeinderatslöhnen nicht gespart wird», sagt Stefan Kaufmann, Präsident der Fraktion FDP/PRR/EVP/EDU. Er ist daher überzeugt: Lehnt der Stadtrat das Reglement ab, wird die Stimmbevölkerung die Initiative der Jungen SVP, die am 5. Juni an die Urne gelangt, annehmen.

Kaufmann bedauert, dass die Kommission sich von der Initiative unter Druck setzen liess. «Aber es will sich niemand die Finger verbrennen.» Auch die Fraktion BVP/BDP/CVP will mit dem Vorschlag der Kommission «die Chancen der Initiative, die zu absolut ist, abschwächen», sagt Fraktionspräsident Andreas Sutter.

«Beste Lösung»
Dieser Pragmatismus hat sich auch auf linker Seite durchgesetzt. Sowohl die Grünen als auch die SP werden dem Vorschlag der Kommission mehrheitlich zustimmen. «Wir finden die Lohnkürzung zwar nicht gut» sagt Christoph Grupp, Fraktionspräsident der Grünen. «Aber der Initiative können wir sicher nicht zustimmen. Der Lohn gehört nicht in die Verfassung.»

SP-Fraktionspräsidentin Dana Augsburger-Brom bedauert es zwar, dass mit der Lohnsenkung die öffentliche Arbeit abgewertet werde. Dennoch erachtet sie den Vorschlag der Kommission «als beste Lösung, um die Debatte über die Gemeinderatslöhne abzuschliessen», wie sie im «Journal du Jura»sagte.

«Das ist eine Ausrede»
Anders verhält es sich bei den Grünliberalen. «Die Löhne des Bieler Gemeinderates sind im Vergleich mit anderen Städten zu hoch. Auch mit 200’000 Franken kann man sich nicht beklagen», sagt GLP-Fraktionspräsident Max Wiher. Eine Reduktion sei daher angebracht, sollte aber in einem Reglement und nicht in der Verfassung festgehalten werden.

Wiher glaubt nicht, dass die Stadt Biel aufgrund der tieferen Löhne nicht mehr die besten Leute fürs Amt findet. «Das ist eine Ausrede. Wir haben auch heute nicht die Besten im Gemeinderat.» Qualitativ hochstehende Führungspersonen seien bereits jetzt in der Privatwirtschaft tätig. Zudem verweist er darauf, dass die Gemeinderatskandidaten von den Parteien ausgewählt werden. «Da spielt es vor allem eine Rolle, wer bei der Bevölkerung gute Chancen hat, gewählt zu werden. Das muss nicht zwingend mit Qualität einhergehen.»

Die SVP/Die Eidgenossen sprechen sich als einzige Fraktion zugunsten der Initiative aus. Fraktionspräsident Pascal Fischer befürchtet, dass die Löhne später wieder erhöht werden, ohne dass die Bevölkerung sich dazu äussern kann. Aus diesem Grund müsse der Lohn in der Stadtordnung festgeschrieben werden, wo jede Änderung eine Volksabstimmung erfordert.

Die beiden Vorschläge
Aktuell verdient der Bieler Stadtpräsident jährlich 262’000 Franken, die anderen vier Gemeinderäte je 238’000 Franken. Eine Initiative der Jungen SVPverlangt, die Löhne bei 220’000 (Stadtpräsidium) bzw. 200’000 Franken zu plafonieren. Die Spezialkommission schlägt dieselben Beiträge vor. Nur will sie das in einem Reglement festschreiben, die Initiative hingegen in der Stadtordnung. (jl)

Quelle: Jacqueline Lipp, Bieler Tagblatt

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