Biel muss über die Bücher gehen

Meine Kolumne „Aus dem Stadtrat“, erschienen im Bieler Tagblatt vom 11. Mai 2020

Die Corona-Fallzahlen sind rückläufig und nach und nach können Branchen ihre Betriebe wieder hochfahren. Bis der Normalzustand zurückkehrt, wird es aber lange dauern. Die Auswirkungen spüren die Geschäfte und die Arbeitnehmer schon jetzt: Umsatzeinbrüche, Einnahme-Ausfälle, hinzu kommen Kurzarbeit oder gar Arbeitslosigkeit. Dies wird auch direkte Folgen für die Stadt Biel haben, denn eine Wirtschaft in der Krise liefert weniger Steuern ab.

Für die Stadt ist diese Entwicklung doppelt bitter. In wirtschaftlich guten Zeiten hat sie das Geld mit beiden Händen ausgegeben. Allein im letzten Jahrzehnt stieg die Verschuldung um rund die Hälfte an. Im Stadtrat werden wir im Juni über die Jahresrechnung befinden, die einen Schuldenberg von 705 Millionen Franken ausweist. Allzu oft stand die SVP/Eidgenossen-Fraktion alleine da, wenn es darum ging, Ausgaben zu kürzen oder auf Projekte zu verzichten. Von einem „antizyklischen Verhalten“ (in guten Zeiten sparen, damit man für schlechte Zeiten gerüstet ist) war nichts zu spüren. Hätte man, wie von der SVP verlangt, eine griffige Schuldenbremse eingeführt, besässe Biel heute wohl einen grösseren Handlungsspielraum.

Wir müssen uns ernsthaft fragen: Hinterlassen wir der nächsten Generation nur Schulden und eine kaputte Wirtschaft? Die Stadt Biel muss nun über die Bücher gehen und günstige Rahmenbedingungen für Bieler Geschäfte und KMU schaffen. Dies könnten sein: Wieder Parkplätze auf dem Neumarkplatz einrichten, dies generiert schliesslich Einnahmen in die Stadtkasse. Gratis-Parking für die erste Stunde in Parkhäusern und gratis Busfahren am Samstag, damit die Leute in Biel konsumieren und die lokale Wirtschaft berücksichtigen. Mehr Kundenorientierung bei der städtischen Verwaltung durch weniger Vorschriften, effizientere Abläufe und kundenfreundlichere Öffnungszeiten (z.B. am Abend oder samstags). Diese Massnahmen liessen sich relativ rasch und unkompliziert bewerkstelligen.

Weiter braucht die Stadt auch endlich eine Finanzstrategie und eine Aufgabenverzichtsplanung. Für Investition liessen sich eventuell auch private Sponsoren finden, welche sich an den Kosten beteiligen. Oder die Stadt könnte die Ausgabe eigener Kassenobligationen prüfen. Damit müsste sie weniger für Zinsen aufwenden, und die Zeichner dieser Obligationen profitieren von besseren Konditionen als auf dem eigenen Bankkonto.

Klar ist: Höhere Steuern bringen nichts, ausser eine zusätzliche Belastung für die Wirtschaft. Die „Stadt der Zukunft“ muss auf Innovation setzen – und endlich lernen, bei den Ausgaben auch einmal Nein zu sagen.

Sandra Schneider, Grossrätin und Stadträtin, Biel/Bienne

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