Biel wird «Asyl-Stadt», dafür keine Senkung der Parkkarten-Tarife

Die gestrige Stadtratssitzung war für alle Fans von Gutmensch-Politik ein Highlight. Der Stadtrat nahm ein Postulat an, welche die Unterbringung von zusätzlichen 300 Asylsuchenden in Biel/Bienne forderte. Der Gemeinderat wies in seiner Antwort zurecht darauf hin, dass die Stadt über keine Möglichkeiten bezüglich Unterbringung verfügt. Eine etwaige Unterbringung in Zivilschutzanlagen war schon im Vornherein ausgeschlossen, weil die Postulanten explizit nach „oberirdrischen Unterkünften“ verlangten.

Ungeklärt bleibt ebenfalls, wie dieser „Akt der Solidarität“ finanziert werden soll. Die Zuständigkeit für Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommenen geht nach fünf resp. sieben Jahren auf die kommunalen Sozialdienste – also auf die Stadt Biel – über. Spätestens nach ein paar Jahren werden sich die Bielerinnen und Bieler mit ihrem Portmonnaie solidarisch zeigen dürfen. Rechnen wir mit 30’000 Franken pro Asylsuchenden und Jahr, sind es stolze 9 Millionen Franken Mehrausgaben pro Jahr, welche auf die jetzt schon klamme Stadt zukommen.

Kein Thema war übrigens eine Unterbringung im „Haus für Bienne“, das sogar von Vereinigungen wie „Stand up for Refugees“ getragen wird. Feuerpolizeiliche Auflagen würden es verbieten, dass Leute dort wohnen dürften. Statt also  selber Geld zu sammeln, damit eine bestehende Liegenschaft als Unterkunft bereitgestellt werden kann, soll die Stadt nun schauen.

Interessant zu wissen wäre zudem, wie viele Privatpersonen ihre Wohnung für Asylsuchende zur Verfügung stellen. Statt zu warten, bis der Staat handelt, könnten diese Leute ja in Eigenverantwortung nach Lösungen suchen. Übrigens: Einen Politiker gibt es, der bei sich zu Hause Flüchtlinge aufgenommen hat. Es ist SVP-Gemeinderat Beat Feurer, der einer tamilischen Familie mit Kindern Obdach bietet…

Weniger Solidarität erfuhren gestern Abend hingegen die Bieler Anwohner und Firmen, welche auf ein Auto angewiesen sind, aber über keinen eigenen Parkplatz verfügen. Diese stellen ihr Fahrzeug auf öffentliche Parkfelder ab, für die sie bei der Stadtverwaltung eine Parkkarte kaufen müssen.

Der Bieler Gemeinderat erhöhte 2015 die Parkgebühren umfassend. Gegen die teils massiven Erhöhungen habe ich damals Einsprache erhoben und vor dem kantonalen Verwaltungsgericht teilweise Recht bekommen. Gewisse Tarifsätze musste der Gemeinderat daraufhin fallen lassen resp. durfte sie nicht wie geplant erhöhen. Andere Tarife sind dennoch stark angestiegen: Der Jahrestarif für die Anwohnerparkkarte beträgt neu 330 Franken (vorher 264 Franken); ein Anstieg von 25 Prozent. Firmenparkkarten erhöhten sich gar um einen Drittel von 396 auf 528 Franken. Der Gemeinderat spricht immer noch von einer „massvollen Erhöhung“.

„Massvolle Erhöhungen“ um 25 resp. 33 Prozent.

Vergleichen wir die neuen, höheren Tarifsätze in Biel mit denen anderer Städte, zeigt sich, dass diese weit höher sind. Dies hält selbst der Gemeinderat in seinem tabellarischen Anhang selber fest. Eine Auswahl: In Bern kosten Anwohnerparkkarten 264 Franken (in Biel nun 330 Franken). Firmenparkkarten kosten ebenfalls 264 Franken, wofür man in Biel satte 528 Franken hinlegen muss. Das gleiche Bild in Zürich. Dort werden für Anwohner und Firmen jeweils 300 Franken verlangt. In Genf sogar nur 200 Franken für Anwohner. In Neuenburg kosten beide Karten nur 110 Franken. Und in Winterthur, welche aufgrund der Bevölkerungsgrösse oft als Referenz für Biel herangezogen wird, kosten die Parkkarten jährlich nur 50 Franken.

>> Vorsotssantwort des Gemeindersrats mit Städtevergleich der Parkkarten-Tarife

Trotz diesen deutlichen Zahlen glaubt der Gemeinderat immer noch, dass die Tarifgestaltung keinen negativen Einfluss auf die Attraktivität der Stadt hat. Dabei schert Biel auch im regionalen Vergleich oben aus. In nahen Grenchen liegen die Gebühren ebenfalls um einiges tiefer. Und all diese Städte haben ebenfalls ein Kulturleben, gute Einkaufsmöglichkeiten und eine hohe Lebensqualität, das es zu finanzieren gilt. Sie langen nur weniger tief in die Taschen der Autobesitzer. Wenn Biel florieren, wachsen und erfolgreich sein soll, braucht es attraktive Rahmenbedingungen. Dazu gehört auch ein vernünftiger Rahmen für (Park-) Gebührentarife.

Ob 300 zusätzliche Asylplätze für eine attraktivere Stadt Biel beitragen, soll und kann jeder für sich selber beantworten.

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