Bodigt diese Allianz Agglolac?

Das Bauland für Agglolac soll nicht an die private Investorin verkauft, sondern im Baurecht abgegeben werden. Das fordern Stadträte von links bis rechts aus Biel und Nidau mittels Motion, die gestern koordiniert in beiden Parlamenten eingereicht wurde.

bielertagblatt.ch

Das ehemalige Expo-Gelände in Nidau soll nicht an die private Investorin Mobimo AG verkauft werden, die darauf die Grossüberbauung Agglolac realisieren will. Das fordert eine überparteiliche Motion, die gestern koordiniert in den Stadträten von Biel und Nidau eingereicht wurde. Stattdessen soll das Land im Baurecht abgegeben werden. Die Begründung: Die Städte sollen auch in den kommenden Jahrzehnten Einfluss nehmen können auf die wertvollen Baulandparzellen in Seenähe.

Laut Reto Gugger, Bieler BDP-Stadtrat und Mitunterzeichner der Motion, geht der Vorstoss auf die Idee einer überparteilichen Gruppe, ein Komitee «Agglolac, so nicht!» zu gründen, zurück. Ein solches Komitee kam aber bis heute nicht zustande. Zwar gibt es sowohl in der Bieler als auch in der Nidauer Politik Kritiker des Agglolac-Projekts aus allen politischen Lagern – allerdings sind die Kritiker auch aus den unterschiedlichsten Gründen gegen die Überbauung in der heute vorgesehenen Form. In der Forderung nach der Abgabe im Baurecht fanden die Agglolac-Kritiker dann aber doch noch einen gemeinsamen Nenner.

In Biel unterzeichneten die Forderung Stadträte aus neun Parteien: Sandra Schneider (SVP) ist ebenso darunter wie SP-Fraktionspräsidentin Dana Augsburger-Brom. Die Fraktionen SP, Grüne und SVP geben zudem an, geschlossen oder zumindest grossmehrheitlich hinter der Motion zu stehen. Der Gemeinderat hat nun sechs Monate Zeit, den Vorstoss zu beantworten.

«Ein Wechsel der Sportart»

Auch wenn Reto Gugger sagt, dass es sich um eine «leichte Kursänderung» handeln würde – sollten die Parlamente von Biel und Nidau diese Motionen überweisen, dürfte dies die Planung des Projekts Agglolac auf den Kopf stellen. Peter Bohnenblust, FDP-Parteipräsident und Stadtrat, sagt es so: «Das käme nicht nur einer Änderung der Spielregeln gleich, das würde eine andere Sportart bedeuten.» Die FDP unterstützt den gestern eingereichten Vorstoss nicht, anders als der welsche Freisinn, wo zumindest Fraktionspräsident Pascal Bord das Anliegen unterzeichnete.

Klar ist: Die dem heutigen Projektstand vorausgegangene Planung basiert auf der Grundlage, dass das Expo-Gelände verkauft wird. Darauf verweist auch Nidaus Stadtpräsidentin Sandra Hess (FDP) auf Anfrage. Die ausgearbeiteten Rahmenbedingungen seien nötig, damit die Stadt Nidau die anfallenden Investitionen überhaupt stemmen könne. Zum Inhalt der Motion wollte sich Hess nicht äussern. Biels Stadtpräsident Erich Fehr (SP) betont, dass die Stadträte von Biel und Nidau dem Planungskonstrukt mit Landverkauf vor dem Unterzeichnen der Vereinbarungen mit Mobimo zugestimmt hätten.

Fehr nennt die Gründe dafür, dass eine Abgabe im Baurecht gar nie in Betracht gezogen worden sei: Die Investorin kauft das Land – sie zahlt pro Quadratmeter Bruttogeschossfläche – für zirka 110 Millionen Franken. Die Städte Biel und Nidau haben sich in der Planungsvereinbarung aus dem Jahr 2013 verpflichtet, das Bauland befreit von Altlasten zu übergeben und die Kosten für archäologische Rettungsgrabungen zu tragen; inzwischen ist bekannt, dass sich Bund und Kanton an den Kosten für die Grabungen beteiligen. Zudem kommen die Städte für die Verlängerung des Barkenhafens und die öffentliche Infrastruktur – vorab die Erschliessung des Überbauungsgebiets und die Freiflächen – auf. Diese Investitionen seien dank dem Ertrag aus dem Landverkauf möglich. Die Wirtschaftlichkeitsrechnung geht davon aus, dass zum Schluss ein Gewinn von rund 11 Millionen Franken für die Gemeinden übrig bleibt, garantiert ist dieser aber nicht.

Mobimo kennt die Disskusion

Die Motionäre argumentieren nun, dass es für die Städte attraktiver sei, jährlich einen Baurechtszins einzustreichen, anstatt einmalig einen Betrag zu erhalten. Gugger sagt, dass die Finanzierung der öffentlichen Infrastruktur auch über die Aufnahme eines Kredits möglich sei. Augsburger-Brom verweist darauf, dass es grundsätzlich der linken Politik entspreche, dass die Stadt kein Land veräussere. Stadtpräsident Fehr kontert, dass es in Biel seit Jahrzehnten gängige Praxis sei, Land auf Bieler Boden im Baurecht abzugeben, solches auf «fremdem Gebiet», wie das Agglolac-Gelände, aber abzustossen.

Der in Biel und Nidau eingereichte Vorstoss zeigt auch die Unzufriedenheit vieler Parlamentarier mit der Ende 2015 durchgeführten öffentlichen Mitwirkung auf. So sagt etwa Leander Gabathuler, SVP-Fraktionspräsident im Nidauer Stadtrat, dass dieser «ein Witz» gewesen sei, da praktisch auf keine Eingabe reagiert worden sei. Dass die SVP-Fraktion die Motion in Nidau unterstütze, sei deshalb auch ein Schuss vor den Bug des Gemeinderats. Das Parlament zeige der Projektgesellschaft auf, dass diese nicht am längeren Hebel sitze. Der SVP gehe es nun in erster Linie darum, mit der Motion die finanzielle Machbarkeit einer Abgabe im Baurecht zu prüfen.

Und Mobimo? Auf Nachfrage, ob die Investorin die Überbauung weiter vorantreiben werde, wenn sie das Land im Baurecht übernehmen müsste, liess die Kommunikationsabteilung verlauten, dass Mobimo die politischen Prozesse in Biel und in Nidau «grundsätzlich aufmerksam und mit Interesse» verfolge. «Uns ist bekannt, dass die Abgabe im Baurecht ein Thema ist.» Zur überparteilichen Motion könne man zum jetzigen Zeitpunkt nicht detailliert Stellung nehmen, es wird aber darauf verwiesen, dass man dies tun werde, «wenn die politische Diskussion dazu offiziell eröffnet ist».

Quelle: Lino Schaeren, Bieler Tagblatt

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