Knapp 4,4 Millionen Franken zahlt der Kanton den Frauenhäusern in Bern, Biel und Thun pro Jahr für schutzsuchende Frauen und ihre Kinder. Zur Verfügung stehen ihnen 20 Zimmer und 41 Betten. Wenn sie belegt sind, müssen die Frauen anderswo platziert werden; 2022 war das bei 249 Frauen der Fall. Trotzdem sieht die SVP-Grossrätin Sparpotenzial und der Regierungsrat Handlungsbedarf.
«Sind Ihnen die Kosten, welche der Kanton an die drei Frauenhäuser in Biel, Bern und Thun zahlt, ein Dorn im Auge?», wollte die Jungfrau Zeitung von Sandra Schneider wissen. Die SVP-Grossrätin aus Biel hatte im vergangenen Dezember nämlich gleich zwei Interpellationen zum Thema eingereicht. Einerseits verlangte die 31-jährige Kauffrau vom Regierungsrat «Transparenz bei der Finanzierung der Frauenhäuser» und andererseits «Genaue Zahlen zu den Frauenhaus-Aufenthalten».
«Der sofortige, unkomplizierte Schutz von gewaltbetroffenen Frauen und ihren Kindern ist eine wichtige staatliche Aufgabe. In diesem Sinne leisten Frauenhäuser einen Beitrag, indem sie sofortigen Schutz, Unterkunft und Beratung anbieten», bekennt sich die Grossrätin in ihren Vorstoss-Begründungen eigentlich zu den Frauenhäusern.
«Gemeinwesen wird zur Finanzierungsquelle»
«Aber auch der Schutz der Schwächsten sollte finanziell die Verhältnismässigkeit der Aufwendungen für die Öffentlichkeit wahren», findet Schneider in der Begründung ihrer «Transparenz-Interpellation». Nach 35 Tagen Aufenthalt laufe die Finanzierung durch die Opferhilfe aus, und das Gemeinwesen oder die Bewohnerin würden «zur Finanzierungsquelle», meint die SVP-Grossrätin und verweist auf die einheitlichen Tarife des Kantons Zürich, wo die «Frauenhäuser 330 Franken pro Tag und Person, für Kinder unter einem Jahr 300 Franke verlangen». Wobei jede Frau ein eigenes Zimmer bewohne, aber Küche, Badezimmer und Wohnzimmer gemeinsam genutzt würden und für Kinder Spielzimmer bereitstünden.
Vor allem Ausländerinnen …?
In der Begründung zur Interpellation betreffen «genauen Zahlen» verweist Sandra Schneider darauf, dass «Medienberichterstattungen suggerieren, es seien zu wenige Plätze vorhanden» (die Jungfrau Zeitung berichtete). Dabei stellten Gemeinden fest, «dass vor allem Frauen aus fremden Kulturkreisen, ohne soziale Kontakte und Beziehungsnetz und Wissen um helfende Stellen in Frauenhäuser verwiesen werden und dort auch längere Zeit verbleiben», führt die frühere Präsidentin der ehemaligen Jungen Auns (Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz) – ins Feld.
«Oftmals wäre der Frau bereits geholfen, wenn sie unbürokratisch einfach in einer anderen Asylunterkunft oder einem niederschwelligen Zimmer untergebracht werden könnte», ist sich Schneider sicher und mutmasst, dass daher davon ausgegangen werden könne, «dass ein grosser Spielraum der aufnehmenden Institution sowohl bei der Zuweisung als auch bezüglich Dauer des Aufenthalts besteht».
Regierungsrat sieht Handlungsbedarf
«Gewaltbetroffene Personen, die in ein Frauenhaus eintreten, sind auf Schutz vor der gewaltausübenden Person angewiesen. Asylunterkünfte oder niederschwellige Zimmer, wie von der Interpellantin erwähnt, können diesen Schutz jedoch nicht gewährleisten», entgegnet der Regierungsrat in seiner Antwort auf Schneiders Mutmassung. Es sei deshalb nötig, die betroffenen Personen für die Zeit, in der Gefahr weiterer Gewalt besteht, in einer spezialisierten Schutzunterkunft mit gut instruiertem Begleitpersonal unterbringen zu können.
Wie aus der Antwort des Regierungsrates hervorgeht, hat die Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion (GSI) für die Beantwortung der beiden Interpellationen keinen Aufwand gescheut. Sie hat nämlich «eine vertiefte externe Analyse der Frauenhäuser durchführen lassen. In diesem Zusammenhang hat sich gezeigt, dass bezüglich Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Abrechnungen Handlungsbedarf besteht», gibt der Regierungsrat in seiner Antwort zu.
Die GSI werde im Rahmen der Umsetzung der Opferhilfestrategie deshalb auch das geltende Finanzierungssystem der bestehenden Opferhilfelandschaft eingehend prüfen und überarbeiten. Dazu soll eine detaillierte Kostenanalyse zu den in den Leistungsverträgen zwischen dem Amt für Integration und Soziales (AIS) und den Institutionen festgehaltenen Beiträgen (leistungsorientierte Abgeltungen, Sockelbetrag, Pauschalen, Kostendach) durchgeführt werden, um diese Beiträge auf Angemessenheit und Vollständigkeit zu prüfen.
Schneider fordert «konsequente Ausschaffung»
Die Antwort auf eingangs erwähnte Frage nach dem «Dorn im Auge» hat Sandra Schneider nicht explizit beantwortet. «Grundsätzlich» sei sie mit den Antworten vom Regierungsrat «zufrieden», liess die SVP-Grossrätin aus Biel auf Anfrage der Jungfrau Zeitung verlauten. «Mir war in erster Linie wichtig, dass man auch im Bereich der Finanzierung der Frauenhäuser mehr Transparenz erhält und uns aufgezeigt wird, wie hoch die Kosten tatsächlich sind. Auch war mir wichtig zu erfahren, wie sich das Platzangebot in den letzten Jahren entwickelt hat.»
Aus der Antwort des Regierungsrates (siehe hier und hier) entnehme sie, dass es sich bei den betroffenen Beziehungen oftmals um Personen aus fremden Kulturkreisen handle. Daher werde sie in einem Folgevorstoss «das Augenmerk auf die konsequente Ausschaffung der gewalttätigen Partner setzen». So würden einerseits wertvolle Schutzplätze wieder verfügbar, andererseits hätten die betroffenen Frauen und Kinder wieder mehr Sicherheit.
«Die Kosten könnten meines Erachtens mit einer restriktiveren Handhabe bei Landesverweisen längerfristig gesenkt werden. Nichts tun würde die Opfer zusätzlich bestrafen, daher muss der Staat gewalttätige Personen schnellstmöglich ausschaffen», ist sich Grossrätin Schneider sicher.
Text: Bruno Stüdli, Jungfrauzeitung